Skip to content

Editorial

In Bloom
Interview
Ein neues Jahr

5 JAHRE FELIX DOLL

Das Interview mit Felix Doll, dem Gründer des gleichnamigen Labels:

Lieber Felix, Warum wird in Nepal produziert?

Im Januar 2013 direkt nach der Abgabe meiner schriftlichen Diplomarbeit und dem Ende meines Modedesign-Studiums in Berlin habe ich mich kurzfristig für ein Stipendium beworben. Dieses fördert 250 deutschsprachige Hochschulabsolventen um im Bereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit und des nachhaltigen Wirtschaftens Erfahrungen sammeln zu können. Dieses Programm wird mithilfe der Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit möglich gemacht.

Ein bekanntes Fairtrade-Handelsunternehmen in der Schweiz war damals auf der Suche nach einem Designer und Manager, der in einer nepalesischen Weberei textile Prozessoptimierungen durchführen kann.

Für mich gab es zwei Optionen: Eine Anstellung in einem der grossen Modehäuser in Paris oder der Aufenthalt von 5 Monaten in Kathmandu. Da ich bis dato keine Möglichkeit hatte, die Welt zu bereisen, war die Option nach Kathmandu zu reisen sehr verlockend. Zudem war ich überaus interessiert, mehr über verschiedene Produktionsweisen zu erfahren und mein bereits gesammeltes Wissen zu teilen.

Dank der Entscheidung des Zürcher Unternehmens, konnte ich mich für die zweite Variante entscheiden und profitiere bis zum heutigen Tag davon.

Wie kam es, dass du jetzt Schmuck machst, obwohl du eigentlich aus der Mode kommst?

Ich habe fünf Monate bei der Frauenrechtsorganisation Women’s Foundation Nepal in Kathmandu mit benachteiligten Frauen an der Produktion von handgefertigten Kaschmir- und Wollschals gearbeitet. In Nepal herrscht die 6-Tage-Woche von Sonntag bis Freitag. Glücklicherweise hatte ich am Sonntag frei und konnte diesen Tag dazu nutzen, so viel wie möglich über andere Produktionsweisen und -unternehmen in Erfahrung zu bringen, diese zu besuchen und mehr über faire Arbeitsbedingungen im Globalen Süden lernen.

Auf einer dieser Erkundungstouren und mit der Hilfe einer Freundin aus den Niederlanden wurde ich aufmerksam auf eine kleine Schmuckproduktionsstätte samt grünen Innenhof und offenen Werkbänken an denen ca. 15 Männer sassen, feilten, hämmerten und Schmuck anfertigten. Ich war sofort Feuer und Flamme für das Handwerk und habe mir just in diesem Moment vorgenommen, mit ihnen zusammen eine kleine Serie an Ringen und Armbändern für mich selbst zu kreieren.

Der Besitzer Sanjaya willigte ein und freute sich auf meine ersten Entwürfe. Diese sorgten damals vorerst zu grossem Erstaunen sowie Kopfschütteln seitens der Goldschmiede da meine Zeichnungen und Vorstellungen für sie sehr fremdartig waren.

Damals wie heute gilt für mich die Devise: «Drauf loslegen, Ideen ausprobieren und wenn nötig korrigieren.», denn manchmal gewinnt man und manchmal lernt man. So kam es im Herbst 2013 dazu, dass ich zum ersten Mal von mir entworfene Schmuckstücke in der Hand hielt, ohne im Geringsten an eine Unternehmensgründung oder eine volle Kollektion zu denken. Im Zentrum stand schöner Schmuck, welcher mich an meine fantastische Zeit in Nepal erinnert.

Preheading

Heading

Wie kam es dazu, dass du nun – 5 Jahre später – dein eigenes Unternehmen führst?

Nach dem Aufenthalt in Nepal wurde ich von der Schweizer Firma als Produktionsmanager und Textildesigner eingestellt und kümmerte mich weiterhin um die Abläufe in der Weberei in Nepal.

Dies war eine gute Möglichkeit für mich, mich kreativ zu betätigen und den Ablauf eines grossen Unternehmens samt Büroalltag kennenzulernen. Leider muss man immer wieder auch mit Kürzungen im Budget rechnen und oftmals blutete mein Designer-Herz, da ein gewisser kreativer Freiraum eingeschränkt wurde.

Zeitgleich wurde ich immer mehr auf meinen Schmuck angesprochen und es dämmerte mir, dass dieser Gefallen bei anderen auslöst. Bis zu meiner Erkenntnis, dass es für meine Schmuckstücke einen Markt geben könnte, sollte es aber noch ein Jahr dauern. Mein Partner Andreas riet mir allerdings zu der Gründung eines kleinen Designstudios: Meine Kreativität wurde neu entflammt und ich entschied mich dazu neben meiner 80%-Anstellung mein Unternehmen zu gründen und gute Freunde aus der Kreativ Szene dazu zu begeistern, Teil der Startphase zu sein. Die folgenden Monate nach meinem Entschluss, verbrachte ich damit meine Marke frühmorgens, spätabends sowie an den Wochenenden aufzubauen.

Am 24. Juni 2015 war es dann endlich soweit und ich präsentierte meine erste Kollektion in Paris während der Männermodewoche dem Modepublikum.

Wie ging es weiter?

Um ehrlich zu sein: ernüchternd. Zum Beginn von FELIX DOLL war mehr überwiegend filigraner Schmuck bei den Damen beliebt und Männer zogen es vor sich nicht zu schmücken. Eine Einkäuferin jedoch glaubte an mich und bestellte für den Concept Store «Tom Greyhound» in Paris. Damals noch ein kleinerer Laden aber nichtsdestotrotz eine Top-Adresse und äusserst beliebt in Designkreisen.

So kam es 3 Monate später dazu, dass mein Schmuck neben den grössten zeitgenössischen Modedesignern präsentiert und verkauft wurde. Und dies wiederum öffnete mir viele neue Türen, unter anderem auch die der besten Concept Stores in der Schweiz.

Was bedeutet dir Nepal, 7 Jahre später?

Alles.

Ich könnte keine Schmuckunternehmen führen, ohne das grossartige Team an Kunsthandwerkern in Kathmandu. Ich liebe mein Team und ich bin über jenen Tag, den ich in Nepal verbringen kann und darf über alles dankbar. Die Nepali haben eine solch grosse Freude, ihr Lächeln und ihr Stolz im Zusammenhang mit ihrer Kultur berühren mich immer wieder aufs Neue. Sie leben im Hier und Jetzt und gehen voller Tatendrang Richtung Zukunft.

Natürlich bin ich mir aber auch der zahlreichen und tief greifenden Probleme des Landes bewusst und weiss Bescheid über Korruption, dem Aberglaube der jungen Männer, dass sie im Ausland viel bessere Chancen haben, nur um anschliessend in den Golfstaaten in miserablen Arbeitsverträgen zu dienen sowie der prekären ruralen Rolle der Frau.

Trotz alledem spüre und sehe ich die demografischen Veränderungen und die Möglichkeiten dieses Landes und freue mich, dass die Männer in meiner Produktion sich keinen besseren Beruf und Sanjaya als Vorgesetzten wünschen könnten.

Wer betreibt FELIX DOLL?

Zum grössten Teil bin ich ein Ein-Mann-Unternehmen, habe aber auch wunderbare Freunde und Helfer, die mir beim Aufbau der Marke seit Jahren treu zur Seite stehen. Deshalb möchte ich diesen Absatz dazu nutzen, mich bei diesen tollen Personen herzlichst zu bedanken. Ohne diese Unterstützung wäre FELIX DOLL nicht möglich.

3 dieser tollen Menschen möchte aber besonders hervorheben:

Meine jüngere Schwester Hannah, die mir vor 8 Jahren eines Nachts einen Link schickte mit dem Hinweis: «Bruderherz, da gibt es ein Stipendium und unter den 250 Ausschreibungen ist auch EIN Kreatives dabei, das wäre doch was für dich?». Hannah, deine E-Mail hat mein Leben auf den Kopf gestellt!

Der zweite Dank gilt Sanjaya, dem Inhaber der Produktion in Nepal wo mein Schmuck produziert wird und welcher zu mir sagte: «Was immer auch du für eine Idee hast, sehe es als ein Samen an, den du in die Erde pflanzt und wenn du daran glaubst und ihn immer wässerst, kann daraus eine grosse Pflanze werden». Lieber Sanjaya, meine Pflanze blüht und gedeiht!

Mein letztes und grösstes Dankeschön gilt meinem Partner Andreas. Ohne seine grenzenlose Liebe und seine Unterstützung bei meiner Unternehmensgründung und -führung. Ohne ihn hätte ich mich nie getraut es anzupacken. Liebster Andreas, danke für alles!

Zur Newsletter-Anmeldung