Namaste,
Es ist kurz vor 6 Uhr morgens, und ein neuer Tag beginnt in meinem Zimmer im Haus eines Künstlers südlich von Kathmandu, in Patan. Nepal ist der Schweiz 3 Stunden und 45 Minuten voraus. Normalerweise stehen die Nepalesen vor 6 Uhr auf und nutzen den Morgen für Freizeitaktivitäten und gemeinschaftliche Aufgaben. Was die Menschen in der westlichen Welt nach der Arbeit tun, erledigen die Nepalesen morgens. Als Frühaufsteher genieße auch ich diese ruhige und besinnliche Zeit. Der Morgen ist angenehm kühl, bevor die Temperaturen im Laufe des Tages drückend heiß werden.
Es ist Sonntag, und damit beginnt hier in Nepal eine neue Sechs-Tage-Woche. Ja, die Menschen arbeiten von Sonntag bis Freitag, und Samstag ist der einzige freie Tag – ihr Wochenende. Dies ist der Beginn meiner dritten Woche in der Musterphase für meine nächste Schmuckkollektion. Meine Kunsthandwerker sind sehr fleißig, und jedes Jahr bin ich aufs Neue erstaunt, wie glücklich ich mich schätzen darf, mit so wunderbaren Menschen zusammenzuarbeiten.
Kurz vor 9 Uhr morgens gehe ich durch die engen Gassen von Patan zu meiner Werkstatt. Unterwegs, vorbei an unzähligen kleinen und großen Tempeln, habe ich die Gebetsstätten an fast jeder Ecke längst aus den Augen verloren. Die Gassen und Straßen sind dann voller Autos, Motorräder und Menschen, die sich ganz ungezwungen und friedlich ihren Weg bahnen. Hin und wieder ertönt ein Hupen, das signalisiert, dass sich jemand von hinten nähert und man in seiner Spur bleiben sollte. Das Land und seine Bewohner strahlen eine tiefe Ruhe aus, die sehr wohltuend ist.
Nach etwa 15 Minuten erreiche ich meine Goldschmiedewerkstatt, die wunderschön in einem Hinterhof inmitten vieler Pflanzen und Blumen liegt. Einige Kunsthandwerker sind bereits bei der Arbeit, andere stoßen später hinzu. Sie arbeiten freiberuflich und können selbst entscheiden, wann und wie viel sie arbeiten möchten. Rund 25 Personen sind dort beschäftigt, von der Verwaltung über die Handwerker bis hin zur Qualitätskontrolle und Verpackung.
In den letzten zwei Wochen habe ich zahlreiche Muster anfertigen lassen, um die Designs für meine neunte Kollektion auszuwählen. Anfang Mai hatte ich plötzlich eine regelrechte Ideenflut für eine neue Kollektion. Um den 1. Mai herum und am Wochenende zog ich mich freiwillig in mein Atelier zurück und erlebte fünf Tage lang, jeweils 20 Stunden am Stück, einen wahren Kreativitätsschub, in dem ich die Ideen zu Papier brachte. Nun arbeite ich daran, diese Schmuckideen zu strukturieren, damit sie für mich und später vielleicht auch für andere verständlich sind und die Stücke meinen klaren, minimalistischen FELIX DOLL-Stil widerspiegeln.
Ich bin schon jetzt ganz begeistert von den Stücken, aber es wird wohl bis Oktober dauern, bis ich sie euch präsentieren kann.
Nächste Woche bin ich wieder in Zürich und gleich auf zwei Veranstaltungen. Besucht mich am Freitag oder Samstag, den 28. und 29. Juni, in meinem Studio mitten im 4. Bezirk. Dort organisiere ich den SUMMER SALON mit zwei befreundeten Labels. Neben mir werden 18 weitere Labels mit tollen Designs vertreten sein.
Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag und sende Ihnen meine herzlichsten Grüße aus Nepal.
Felix
